Bauplan-Modifikation

BlackBird

 Bei diesem Drachen handelt es sich um eine detailgetreue Vergrößerung der "Schwalbe" von Rainer Neuer mit kleinen, insbesondere durch die Größe bedingten Modifikationen.

 

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Waage
Detailfoto Waage
Foto Übersicht

Ich finde es nicht nett, wenn Baupläne abgekupfert und über den Weg ins Web zu Public Domain werden, so daß ich hier anstatt eines vollständigen Planes lediglich die (geringen) Änderungen mitteile und für den Grundbauplan sowie die Skizzen auf Neuners Buch verweise (nämlich: "Drachen – Spiele mit dem Wind. Leichtwindmodelle zum Nachbauen, AT Verlag Aarau/Schweiz 1994).

BlackBird – ich erlaube mir diese etwas plakative Umbenennung – ist das, was man ganz bescheiden als einen "großartigen Drachen" bezeichnen kann; er ist unglaublich wandlungsfähig und verfügt über ausgezeichnete Flugeigenschaften über einen sehr großen Windbereich von 0,5 bis ca.  5,5 Beaufort. Erfahrene Drachenbauer werden hier den Kopf schütteln, weil es so etwas eigentlich nicht geben kann, aber man stoppe hier das Schütteln und lese erst einmal weiter.

BlackBird ist aufgrund seiner v-förmigen Flügelstellung ein ausgesprochen gutmütiger (Ultra-)Leichtwindsegler, der kurzzeitig durch reine Thermik am Himmel bleiben kann, indem er dann sozusagen unabhängig von der Schnur über weite Strecken selbständig segelt (also nicht gerade auf Drachenfesten zu empfehlen:-)). Da er dabei bevorzugt Kreise zieht, reicht ein wenig Wind aus, um ihn wieder "an die Schnur" zu bringen. Sobald er ein wenig Wind hat, fliegt er bei leichten Neigungen zum seitlichen Drift sehr sicher. Bekommt er richtig kräftigen Wind, empfiehlt es sich eine besondere, unten beschriebene Waageeinstellung, dann "liegt" er wie ein Flugzeug auf dem Wind und erhält durch den Kiel ebenfalls Stabilität.

BlackBird erezugt dank seiner Spannweite von fast vier Metern (Neuners Schwalbe: ein Meter) ein sehr majestätisches Bild am Himmel (und am Boden). Übrigens sei an dieser Stelle eine wesentliche Kleinigkeit am Rande mitgeteilt, die vermutlich aber die meisten Drachenflieger sowieso bei allen Drachen beherzigen: BlackBird ähnelt im Flug weniger einer Schwalbe, als vielmehr einem Milan, bzw. einer Gabelweihe. Dies führt dazu, daß Vögel aber auch Tiere am Boden den Drachen als Greifvogel wahrnehmen und entsprechend mit Fluchtgebärden darauf reagieren. Entsprechend wird man BlackBird nicht in der Nähe von Naturschutzgebieten oder in Waldnähe fliegen wollen.

Die Daten, die man braucht, um aus Neuners "Schwalbe" einen echten BlackBird herzustellen:

  • Sämtliche Maße, die Neuner mitteilt, sind mit dem Faktor 3,4 zu multiplizieren. Dies ist sozusagen die magische Zahl, die auch eine sinnvolle Ausnutzung des Materials ermöglicht. Das Gestänge besteht hingegen durchgehend aus 6 mm CFK (Neuner: 2/3 mm CFK + Ramin).

Dabei muß das Segel aus (mindestens) zwei Teilen angefertigt werden: Die Flügel können theoretisch aus einem Teil geschnitten werden (besser allerdings zwei Teile, die in der Mitte mit einer Kappnaht vernäht sind). Zusätzlich muß der Schwanz aus einem weiteren Teil geschnitten werden. Dabei kann die bei Neuner eigentlich nur als Hilfslinie eingezeichnete Verlängerung des Schwanzansatzes "real" geschnitten werden. Genau dort wird dann der Schwanz mit einer Zickzacknaht auf die Flügel genäht.

 Modifikationen, die nicht bei Neuner stehen, sind:

  • Das gesamte Segel wird rundum wenigstens einmal gesäumt. An der Leitkante der Flügel empfiehlt es sich, das Segel ein zweites Mal zu säumen, denn diese Kante flattert im Wind sehr stark.
  • In den Ecken zwischen Kopf und Flügel wird Dacron zur Verstärkung eingenäht.
  • Die Stabenden der Leitkante werden nicht in Taschen fixiert, sondern über Spanngummis abgespannt. Man kann der Einfachheit halber aber exakt Neuners Variante bauen und schneidet abschließend nur ein Loch in die Flügelspitzen, durch die das Stabende mit Splitendkappe geführt wird. Dort muß entsprechend ein Gummi befestigt werden. Durch diese Maßnahme bekommt das Segel mehr Flexibilität, die es bei dieser Größe ausgesprochen braucht.
  • Die beiden Spannstäbe, die dem "Schwalbenschwanz" stabilisieren, enden oben am "Flügelknick" ebenfalls nicht in Taschen, sondern werden über 2 flexible 6mm-Leitkanten-Verbinder aus der Lenkdrachenproduktion mit der Leitkante fest verbunden. Dadurch entfällt das etwas unschöne Verziehen des Segels an diesen Stellen.
  • Direkt an diesen Verbindern wird eine Schnur angesetzt, die über den Rücken des Fliegers aufgespannt wird; die Länge ergibt sich entsprechend von selbst. Damit bleibt das Flügelprofil konstant, was nötig ist, da ansonsten die 4 Meter breiten CFK-Stäbe ziemlich durchhängen können. Die Schnur kann beim Zusammenbau einfach bleiben, wo sie ist.
  • Beim Verbinder an der Schnabelspitze habe ich ein 8 mm Alu-Rohr gewählt (Innendurchmesser). In dieses Rohrstück wird eine Kerbe gesägt. Dann werden zwei Reststücke 8 mm CFK hineingesteckt und wird das Rohr vorsichtig zum von Neuner angegeben Winkel gebogen. Die (vermutlich ziemlich fest sitzenden) CFK-Stücke bleiben im Verbinder, werden aber direkt am Verbinderansatz abgesägt. In die 8mm-Rohre können die 6mm Stäbe der Leitkante eingeschoben werden.

Wichtig ist, daß der Mittelstab unter leichter Spannung eingesetzt wird. Dadurch bekommt der ganze Korpus des Drachens eine leicht konkav geschwungene Form, die sich sehr günstig auf die Flugeigenschaften auswirkt.

Der eigentlich Clou ist die Waage. In der Leichtwind-Grundposition wird die Drachenleine ebenso wie bei Neuner einfach nur in den Kiel eingeklinkt (Position A). Zusätzlich ist eine Schnur zwischen Kiel und Schnabelspitze angebracht.

In die Segelposition für frischen Wind bekommt man den Drachen, indem man die Drachenschnur etwa in der Mitte der Verbindungsschnur ansetzt (Position B). Bei kräftigen Wind kann man die Drachenschnur auch unmittelbar an der Schnabelspitze ansetzen: Dann "hängt" sozusagen der ganze Drachen an der Schnur und fliegt – wie ein Flugzeug - aufgrund seines Profils, nicht mehr wegen des Winddruckes. Dies führt auch dazu, daß man BlackBird trotz seiner Größe selbst bei Windstärke 5,5 locker seiner kleinen Tochter in die Hand drücken kann, die sich dann wahnsinnig freut, daß sie so einen großen Drachen halten kann: und zwar "ganz alleine".
In dieser Flugposition bekommt die Verbindungsschnur zwischen Kiel und Schnabelspitze übrigens eine neue Funktion: Sie spannt den Kiel, so daß dieser sich als stabilisierendes Element im Wind öffnet und nicht einfach hin und her flattert.
Der einzige mir ersichtliche Grund, warum man BlackBird nicht bei noch höheren Windgeschwindigkeiten an den Himmel hängen möchte, ist übrigens der, daß die Schleppkante sehr stark zu flattern beginnt und unter Umständen sogar knallt. Man möchte annehmen, daß dies auf Dauer das Material beschädigt. 

 Lothar Meyer-Mertel, März 1998