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Bob und Charmayne Umbowers aus Gig Harbor, einem Ort etwa 80 Kilometer von der amerikanischen Metropole Seattle entfernt, sind wahrlich kreative Drachenbauer. Immer wieder überraschen sie mit neuen Kreationen, tollem Leinenschmuck oder aber der Adaption klassischer Drachen mit modernen Materialien. Dabei gibt es im Hause Umbowers eine klare Trennung der Arbeitsbereiche: Charmayne näht wie besessen auf der Nähmaschine und fabriziert schwere Muster auf das Segel, während sich Bob lieber um die „Hardware“, also Stangen und Rohre, kümmert.

Einigen von Ihnen werden die tollen Drachen der Umbowers sicherlich schon einmal begegnet sein. Richtig, das amerikanische Ehepaar ist häufig auf Fanø anzutreffen, dem Dracheneldorado schlechthin, wie die beiden meinen. Auf Fanø haben wir auch den Drachen entdeckt, den wir Ihnen heute vorstellen wollen und für dessen nicht-kommerzielle Bauplanveröffentlichung Bob und Charmayne ihr Einverständnis erteilt haben. Es handelt sich dabei um den so genannten „Mask Kite“, einen Drachen, der seine native Herkunft nicht leugnen kann. Und in der Tat hat Charmayne die Vorlage zu diesem Drachen in einem Buch zu nativen Gesichtsmasken entdeckt. Der Wunsch, die hölzerne Maske zu einem Drachen zu formen, war schnell geboren, die Maße abgenommen und multipliziert und schon bald stand der Drachen in der Luft. Der Mask Kite hat dabei ein erfreulich großes Windspektrum, fliegt er doch schon bei schwachen Winden, lässt sich aber auch nicht von einer stärkeren Brise vom Himmel holen. Lediglich die Schwanzstäbe sollten bei stärkerem Wind eingesteckt werden. Ganz bewusst möchten wir an dieser Stelle auf die Beschreibung der Segelapplikation verzichten. Zum einen wollen wir ein wenig Ihre kreative Ader kitzeln und würden uns freuen, wenn Sie ein Bild Ihres fertigen Werkes an die Redaktion senden würden. Zum anderen haben wir bereits im noch erhältlichen Bauanleitungsheft 2001 ausführlich über die so genannte Sandwich-Applikation geschrieben.


Erbauerin Charmayne Umbowers

Die Arbeiten am Drachen beginnen mit der Fertigung einer Schablone gemäß Skizze 1. Da der Drachen vollsymmetrisch ist, reicht die Herstellung einer Schablone aus, welche ein Viertel des Drachens abdeckt. Die Rundung der Schablone erhalten Sie am besten, indem Sie zunächst die Daten aus Skizze 1 auf Pappe oder kräftiges Papier übertragen. Verbinden Sie dann die einzelnen Punkte mit Hilfe eines flexiblen Stabes und zeichnen Sie eine gebogene Linie entlang des Stabes, die durch sämtliche Punkte verläuft. Nachdem Sie die Schablone ausgeschnitten haben, legen Sie diese auf das Spinnaker. Bitte beachten Sie hierbei, dass Kett und Schuss entsprechend den beiden späteren Hauptachsen des Drachens ausgerichtet sind. Kett und Schuss sollten später parallel zu den einzelnen Stäben liegen. Zeichnen Sie den runden Teil der Schablone auf das Spinnaker und wenden Sie danach besagte Schablone entlang einer Kante. Zeichnen Sie nun die nächste Rundung ein. Fahren Sie mit dieser Methode fort, bis Sie die elliptische Grundform des Drachens auf das Spinnaker übertragen haben. Nachdem Sie das Drachensegel ausgeschnitten haben, säumen Sie das Segel einmal um das ganze Segment herum. Anschließend werden die Verstärkungen gemäß Skizze 2 auf das Segel aufgenäht. Die Verstärkungen, welche später mit Waagenschnüren versehen werden, erhalten zusätzlich ein Loch. Verstärkungen, die ein Loch erhalten, sind in Skizze 2 grün markiert, normale Verstärkungen haben eine rote Markierung. Die Lochverstärkungen sitzen zudem im Bereich der Querstäbe, neun Zentimeter vom Segelabschluss entfernt. Lediglich beim mittleren, dem längsten, Querstab liegen sie zwölf Zentimeter vom Segelende weg. Die obere Verstärkung im Bereich des Längsstabes liegt 22 Zentimeter von der Segelspitze entfernt.


Bob Umbowers beim Start des Drachens



Mittels Perlen am Ende wird der Drachen aufgespannt


Im nächsten Arbeitsschritt werden die Taschen aufgenäht. Diese werden später die Zwei-Millimeter-Stäbe aufnehmen und sind in der Skizze 2 blau markiert. Die Näharbeiten werden mit einer Lasche, die an der unteren Verstärkung aufgenäht wird, abgeschlossen. Besagte Lasche nimmt später die Spannschnur mit Perlen auf, welche den gesamten Drachen ordentlich unter Spannung setzen wird.


Spinnakerbüschel für starken Wind






Aufnahme der Schwanzstäbe am Mittelholm



Aufhängungen der Büschel


Die Starkwindvariante mit Büschelschwänzen



Der Mask Kite mit appliziertem Maskenmotiv von der Rückseite

Wenden wir uns nun den Stäben zu. Passen Sie gemäß Skizze 3 die Zwei-Millimeter-Stäbe in den Drachen ein. Diese sind in der Skizze rot markiert. Die Stäbe sollten straff, jedoch nicht gebogen in den Taschen sitzen. Zum Schutz der Taschen sollten vorher zusätzlich Stab-Endkappen auf den Stäben aufgeklebt werden. Da diese Stäbe später durchgebogen werden, der Drachen somit durch sie seine Wölbung erhält, können Sie in diesem Arbeitsgang auch schon die Schnüre zur Aufnahme der Spannschnur auf den dünnen Stab direkt an der Stab-Endkappe aufkleben. Wem diese Methode nicht zusagt, der kann auch Laschen auf das Segel aufnähen. Nachdem die fünf Querstäbe in das Segel eingepasst worden sind, wenden wir uns dem Sechs-Millimeter-Längsstab zu. Dieser wird an seinem oberen Ende mit einer Endkappe versehen und in die Tasche eingesetzt. An seinem unteren Ende kleben wir eine Splittkappe auf, die dann die Perlen der Spannschnur aufnehmen wird. Nunmehr sollte der Drachen zum ersten Mal fertig aufgebaut vor Ihnen stehen.





Wenden wir uns nun der Waage zu. Diese wird gemäß Skizze 4 geknüpft und hat insgesamt neun Aufnahmepunkte. Die Aufnahmepunkte sind in Skizze 2 grün markiert und sollten mit den zuvor in die Verstärkung gestanzten Löchern übereinstimmen. Jeder Waagenschenkel wird direkt auf den Stab geführt und dort befestigt. Ferner ist zu beachten, dass die in Skizze 4 rot und gelb eingezeichneten Schenkel durchlaufend sind, das heißt eine Waagenschnur wird auf Drachenseite an die darunter liegende Ebene angeknotet, locker durch einen O-Ring geführt und dann wieder auf Drachenseite angeknotet. So entstehen beispielsweise aus der 420 Zentimeter langen Leine in c zwei Schenkel von 210 Zentimeter Länge.

Sollten Sie Ihren Mask Kite auch bei stärkerem Wind fliegen wollen, möchten wir Ihnen dringend zum Bau der Schwänze raten. Hierzu benötigen Sie zusätzlich zwei 85 Zentimeter lange, drei Millimeter dicke GFK- oder CFK-Vollstäbe, zwei 40 Zentimeter lange und ebenfalls drei Millimeter dicke Vollstäbe, zwei Drei-Millimeter-Messing- oder Alumuffen, zwei Stopper, ein wenig Gummiband sowie Reste von Spinnaker.



Stabtaschen zur Aufnahme der Querspreizen


Längsstab und Querstab werden mit einfachen Gummis aneinander befestigt


Die Leine der Spannschnur wird direkt am Stopper aufgeklebt


Die Waage wird direkt auf den Stab geführt

Und so wird’s gemacht: Schneiden Sie die Spinnakerreste in jeweils sieben zwei Zentimeter breite und 60 Zentimeter lange Streifen. Legen Sie die Streifen übereinander, falten Sie diese in der Mitte, legen hier eine Waagenschnur ein und vernähen Sie diesen Spinnakerbusch an der Seite mit der Schnur. Herauskommen sollte ein Büschel mit 14 Spinnakerstreifen à 30 Zentimeter. Fertigen Sie nach gleichem Muster ein zweites Büschel an. Kleben Sie nun die Halteschnur des Büschels an das eine Ende des längeren Stabes und befestigen Sie das Gummiband am gegenüberliegenden Ende. Der kürzere Stab erhält an einem Ende die Muffe sowie den Stopper. Fertigen Sie nach gleichem Prinzip die Stäbe der anderen Seite an. Wenn Sie nun jeweils einen langen und einen kurzen Stab zusammenstecken und wie im Bild gezeigt am Drachen montieren, ist die Starkwindversion des Mask Kite fertig.
Nunmehr sollte dem Erstflug Ihres Drachens nichts mehr im Wege stehen. Bedingt durch die doch recht lange Waage empfiehlt sich der Einsatz eines Starthelfers.


Die Erbauer des hier gezeigten Drachens, Bob und Charmayne Umbowers, sind im Internet über ihre Homepage www.2kiters.com zu erreichen.
Das Eingangs erwähnte Sonderheft ist unter www.alles-rund-ums-hobby.de zu bestellen, eine weitere Erklärung zu der Applikationstechnik findet sich im Workshop-Bereich der Homepage des Autors unter www.dietrich.dk
Diesen Beitrag und noch viel mehr finden Sie in KITE & friends Ausgabe 4/04
Das komplette Inhaltsverzeichniss
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